Traspasa los Muros - Überwinde die Mauern

Aufgrund des seit mehreren Jahrzehnten andauernden bewaffneten Konfliktes, neoliberalen Umstrukturierungen und einer über Leichen gehenden Bande  von Paramilitärischen Gruppen und Oligarchen hat sich die Situation politischer Aktivist*innen in Kolumbien nicht wesentlich verbessert. Menschen werden bedroht, in entlegene Knäste verschleppt oder eben gleich umgebracht.
Einige Kampagnen trugen in den letzten Jahren dazu bei, über den staatlich geduldeten Terror durch (Para)-Militärs, Polizei und einem korrupten Justizapparat zu berichten und die Gefangenen direkt zu unterstützen.

Entstehung von TraspasaLosMuros (TLM):

TLM ist eine Solidaritätskampagne für die Freiheit politischer Gefangener und existiert seit 2005. Grundlage war das Ziel, die Situation von politischen Gefangenen in Kolumbien aktiv zu verbessern und die desolate Menschenrechtslage in den (inter)nationen Fokus zu rücken. TLM sieht diese Form der Solidaritätsbekundung als notwendiges Mittel des sozialen Kampfes und der politischen Mitgestaltung.
Die Kampagne entstand aus der Notwendigkeit heraus, den vielen verschiedenen Akteuren für den Kampf der politischen Gefangenen eine Legitimation sowie eine gemeinsame Plattform zu bieten und sich bei dieser schwierigen Aufgabe gegenseitig zu unterstützen.
TLM geht von derzeit ca. 140 Knästen in Kolumbien aus, in welchen ca. 9500 Menschen Menschenrechtsverletzungen aus politischen Gründen ausgesetzt sind.

Hintergünde

Isolationshaft, erhöhte Sicherheitsbedingungen, Verweigerungen medizinischer Versorgung, Besuchsverbote und lebenslange Haftstrafen sind Faktoren, welche die Lage politischer Gefangener erheblich erschweren und Unterstützung teilweise kaum möglich machen. Als politische Gefangene zählen TLM dabei folgende drei Gruppen von Menschen:
Zum einen sind das im bewaffneten Kampf festgenommene Kämpfer*innen. Zur zweiten Gruppe zählen Personen des öffentlichen Interesses wie Oppositionspolitiker*innen, Gewerkschafter*innen, Menschenrechtsaktivist*innen, Indigene, Afrokolumbianer*innen, Stadtteilaktivist*innen, Vertriebenenaktivist*innen oder Führungspersönlichkeiten von bäuerlichen Zusammenschlüssen.
Die dritte Gruppe bilden die Opfer von sogenannter Justizmontage, auch als „falsos positivos“  bezeichnet. So sind viele Fälle bekannt, in denen unbeteiligte Menschen als Gueriller@s oder Kriminelle dargestellt werden um den staatlichen Repressionsapparat zu legitimieren und eine Aufrechterhaltung der Gefahrensituation zu beschwören. Menschen werden vor Gericht geführt oder sogar umgebracht, um sie dann an entlegenen Orten als im Kampf gefallene Gueriller@s zu präsentieren.

Nueva Cultura Penitenciaria

Aktivitäten der Kampagne:

TLM sieht sich als Netzwerk und Sprachrohr der vielen Einzelinitiativen, welche die desaströse Menschenrechtslage in kolumbianischen Knästen öffentlich machen und für die Rechte der Inhaftierten kämpfen. Die Kampagne arbeitet intensiv mit Gefangenenorganisationen, Anwält_innen, Angehörigeninitiativen sowie (über)regional agierenden Menschenrechtsgruppen zusammen.
Zudem betreiben sie die Website www.traspasalosmuros.net, auf welcher Informationen aus allen Regionen Kolumbiens zusammengetragen und veröffentlicht werden.
Neben der Organisation öffentlicher Veranstaltungen wie Gesprächsforen, Podiumsdiskussionen Soli-Aktionen, Filmreihen, Galerien liegt der Fokus auch auf der Erstellung und Verbreitung von Infomaterialien wie Flyern, T-Shirts, Buttons, Zeitschriften und Artikeln. Diese sind sowohl als auch für Betroffene der Repressalien und Unterstützer_innen gedacht und sollen den politischen Kampf drinnen wie draußen stärken.  Zwei Projekte, die wir im Besonderen unterstützen wollen, ist ein Gefangenenratgeber und ein kritisches Kartographie-Projekt.

Support für die Buchveröffentlichung DEFENDERSE DESDE ALDENTRO

Der in wirklich ansprechenden Layout gestaltete Gefangenenratgeber DEFENDERSE DESDE ALDENTRO (Übers.: Verteidigung von Innen), wurde 2010 und 2012 herausgegeben und in 1000er Auflagen gratis in den Knästen verteilt.
Enthalten sind vor allem Rechtshilfetipps, Blankovordrucke für jegliche Art von Anträgen zur Verbesserung der Haftbedingungen, Verlegungsanträge, Besucheranträge, Paragraphen-Einmal-Eins etc. Dieses Handbuch wurde sehr gut angenommen und ist für viele die einzige Möglichkeit, direkt Einfluss auf die eigenen Haftbedingungen zu nehmen. Nun geht es bei TLM um eine dritte komplett überarbeitete Neuauflage 2015, welche allerdings noch finanziert werden muss. Dafür haben wir vom Kollektiv Transgalaxia so einige Ideen.

Atlas zur Knastarchitektur in Kolumbien

Eine weitere aktuelle Veröffentlichung ist die dieses Jahr erschienene Karte
NUEVA CULTURA PENITENCIARIA: ARQUITECTURAS CARCELARIAS DE ENCIERRO Y CASTIGO EN COLOMBIA (Übers.: Neue Kultur der Haftanstalten: Knastarchitektur vom Einsperren und Bestrafung in Kolumbien.)
Die Karte setzt sich mit der neoliberalen Umstrukturierung und Privatisierung der Knäste in Kolumbien auseinander und stellt diese anhand einiger Beispiele graphisch dar. Dazu wurde die Rückseite bzw. ein Beiheft in Fanzineform gestaltet, in welcher sich aus verschiedenen Blickwinkeln näher mit dem Thema „Knast und Repression“ auseinandergesetzt wird.
Durch Spenden und finanziellen Support durch diverse Gruppen bzw. Stiftungen konnte die Karte erstellt und verteilt werden. Um jedoch den oben beschriebenen Ratgeber in die dritte Auflage gehen zu lassen, bedarf es noch finanziellen Support!
Die Karte incl. Beiheft ist nun auch in Europa, allerdings nur in spanischer Sprache erhältlich. Sofern es Initiativen oder Einzelpersonen gibt, die sich an eine Übersetzung wagen möchten, meldet euch bei uns!